Eulengebirge - Gedicht zur Einweihung des Bismarckturms

Zur Einweihungsfeier am 24. Mai 1906

Festgabe des schlesischen Dialektdichters August Lichter, Leutmannsdorf

 

Bismarckturm 1907

Woas is doas durt uba vum Eulenkomme
Zengstrum fern’n Aussicht, fer’n wundersomme,
Uf ünse Heemte, uf Durf und Stoadt,
Ma is reen weg, und ma sitt sich ni soat!
Und wehn erscht is Frühjoahr und’s is no gekumma,
Wenns grünt und blüht und der Lenz tut brumma,
Wenns kroppelt eim Pusche, wenn Mealuft fochert,
De Gusche spektakelt und singt und hochert,
Ja nohrt hoot de Eule‚ ‘s is ungeloin,
Is Brautkleed hoot se sich aogezoin.

War itze ni goar zu siehr joomert und kreßt,
Wan’s Pudegra ni groade zwickt und beßt,
Dar nimmt sich a Stoab, de eechne Krücke
-- Wu die und se hoot o ’n eiserne Zwicke --
Und hängt sich a Schotz oan linka Orm
-- Wu dodervo freilich und’s wird ’m ang worm –
Und flattert zur Kuppe nuf bis uf is Planla
Und läßt durt is Schnupptüchla flottern stoats Foahnla
Der Uebermut schläta verleicht hinga naus
Und brengt uf de Schläsing ’n Juchser aus

Ja, stulz woarn ber immer schunt uf de Heemte,
Die uns der Herrgott mit Berga umseemte,
Doch hoan ber o immer, su wie sichs gehiert,
A Kaiser und’s Reich geästermiert,
Dar steenerne Turm uf der waldiga Krune
Der Eule, doas is a Verweis derzune.
A kust’ uns freilich a hübsch Neegla Geld!
Na plomp druf! Is hoat’ a ju g’nung uf der Welt!
Und warsch ent ni gleebt und warde ni traut,
Doß sie hoot der Patriotismus gebaut,
Dar koan halt, ihr Leute, ihr müßt mersch verzeih’n,
Vo Geburt aus kee richtiger Schläsinger sein.
Doch wenn a jitzunder und hiert awing druf,
Do gieht ’m amende a Seessieder uf.

Is woar ent ver eenunneuzig Joahren,
Do wurde a kleener Junge geboren,
Dar stoach, wie gruß und gescheut genug woar,
Su recht mit Pultesse goar monchem a Stoar.
Is woar a Schmied vo Prufession,
A Schmied, uf dan sich eeß kunnde verlohn.
Mit senner muntern Gesellenschoar
Schweeßt’ a is Eisa, weils glühnig woar.
Aus ahlem Eisa macht`a goar neues,
Aus’m murscha, zerstückelta Reiche an treues,
A eeniges deutsches Vaterland.
De dickste, pallotigste Scheedewand,
Die hoot a rotzekoal weggeschofft
Mit senner stählerna Muskelkraft.

Und wie s fertig woar mit dam Machbrich,
Do dakt’s ei, aber nich ent mit Flachbrich.
Ab, nich doch nee, nee! Nu zeigt’ a oam Ende,
Doß ar o de seine Arbeit könnde.
Als Guldschmied toat a sich jitzt präs’ntiern
Und toat nich ehnder zu hommern ufhiern
Bis ha ser sen’n König Willem zum Luhne
Zustande bruchte de Kaiserkrune.
Nu dorf ich euch wetter wull nischte meh soan,
Ihr wißt’s, doß dar Schmied, dar Guldschmied, dar Moan
Kee andrer, wie der Fürscht Bismarck is.
Wär ha ni gewaßt, do wärsch fer üns mies!

Schunt wie a no labte, do wurd’ e eim Reiche
Geästermiert ’m König gleiche.
Und reich und oarm und kleen und gruß,
olles war reen vom Bändla lus,
Wenn a eim Reichstage „Trumpf aus“ spielte,
Wenn a troaf mit sem Woarte, wuhien er zielte,
Weh’, war ’m ent wullde a Ploan vertarba!
Dam toat a goar lausig is Falla garba.
Und ebs der Russe, der Engländer woar,
Der Sultan oder Napolium goar,
Se mußta no senner Feife tanza,
A hunzt’ se rüm wie ’n Battelranza,
Feuer macht’ a ’n ei de Kaluppe,
Mehr Hoore auf a Zähn’n hott’ a wie uf ’m Kuppe.

Und weil a su fursch woar und ni seege,
Drum waor ’m o ganz Deutschland geneege.
Getreue aus Jever und Liegnitz goar,
Die hielda druf, doß seine Stimme blieb kloar.
Mit Kiwietz-Eern, ganz frisch gelät,
Hoan se olle Jahre a Kanzler derfrät.
Und über die Verschla, die se mietgeschickt,
Do hoat a gelacht und freindlich genickt.
Se woarn ju eim Plottdeutsch und Schläsch, die Gedichte,
Asu recht vu der Weede weg, ganz schlichte.
A gebrauchte salber die Sprooche und red’te
Als wenn o, wie bier, pauersche Aeldern hätte.
Nu leit a zwoar under da grußa Eecha,
Ei Friedrichsruh und gibt kee Zeecha
Me von sich, jedennoch sei Geist und sei Feuer,
Die sein üns olla no heilig und teuer.
Ja, gleebt’s ock, ihr Leute, Fürscht Bismarck, dar Schmied,
wird laba su lange, wie’s Reiche bestieht.
Denn Denkmäler, Eecha und grußmächt’ge Steene,
Die soan’s üns immer und immer aneene:
Der Meester is tut, doch ’s labt ju sei Werk
Ei Durf und Stoadt, zu Toal und zu Berg!
Doas soat üns a huch uf’m Firschta der Eule
Uense Bismarckturm mit der Feuersäule.
Stulz reckt a sich nuf zum Himmelsgezelt
Und moahnt: „Fürchte Gott, sunscht nischt uf der Welt!

 

Quelle: Gedicht zur Verfügung gestellt von W. Leistritz