Rudolfswaldau:

Umgebung - Die Kirche von Rudolfswaldau

>>Es handelte sich dabei um eine Dorfkirche, die uns in ihrer ursprünglichen Form, bis auf spätere Ausbauten, seit ihrer Errichtung im Jahre 1564 erhalten geblieben war. Abgesehen davon, daß dieses Kirchlein abseits der eigentlichen Verkehrs-Verbindungen hoch im Eulengebirge lag, wies gerade die Rudolfswaldauer Kirche eine Menge von Sonderheiten auf. Es handelte sich bei ihr um einen Schrotholzbau, der aber einen stolzen steinernen Turm aufwies.

 

Ob der Ort, der zum ersten Male im Jahre 1399 urkundlich nachgewiesen ist, bereits damals eine Kirche erhielt, ist nicht feststellbar. Das uns bekannte Holzkirchlein wurde jedenfalls erst 1564, vielleicht auf dem Platze einer hölzernen Vorgängerin, errichtet. Es handelte sich bei diesem Gotteshaus um einen Schrotholzbau, der, wie viele andere Kirchen dieser Zeit, vom Friedhof umgeben und durch eine Bruchsteinmauer nach außen abgegrenzt war. Das Dach bestand aus Schindeln. Der steinerne Turm wurde erst 1784/85 statt eines verfallenden Holzturmes erbaut. Da das Gotteshaus gleichfalls nach dem Dreißigjährigen Kriege der katholischen Kirche zugesprochen wurde, andererseits aber die überwiegend evangelische Bevölkerung des Euledörfchens das Glockengeläut mitbenutzen wollte, soll sie zum Bau dieses Turmes einen Teil der Mittel aufgebracht haben.

Bei der Kirchenvisitation des Jahres 1667 hingen drei Glocken in dem damaligen Turm. Die älteste von ihnen stammte aus dem Jahre 1580 und trug die Inschrift: „Verbum manet in aeternam MDCXXX." Die zweite Glocke wies am Rande die Namen der Kirchenväter Nikolaus Hoffmann und George Walter auf und hatte als Inschrift: „Gottfried Götz goß mich anno 1661." Über die dritte Glocke, die bei dieser Kirchenvisitation noch vorhanden war, war genauso wenig bekannt wie über ihr Schicksal.

 

Keine andere Kirche unserer Heimat enthielt so viel Ortsgeschichte wie das Holzkirchlein von Rudolfswaldau. In Notzeiten vertrauten gerade in diesem Dorfe hoch in den Bergen die Menschen ihren Kummer ihrem Gotteshause an.

Die Innenausstattung war, bis auf den aus Ziegeln gemauerten Fußboden denkbar einfach, ja fast ärmlich.

 

Schon die Entstehung des Kirchleins war in seinem Inneren schriftlich festgehalten worden. So befand sich an einem der Balken, welche die Decke trugen, eine Inschrift in roter Farbe. Sie war zwar infolge des Verfalls des Baues längst unlesbar geworden, doch hatte Pfarrer Christian Gottlieb Atze aus Wüstegiersdorf, zu dessen Kirchspiel die Rudolfswaldauer Schrotholzkirche um 1792 gehörte, den Wortlaut entziffert und uns überliefert.

Er lautete: „Est pietas factas vera probandi bonis. MDLXIIII. Die Werckge loben den Meister. Verbum domini manet in Eternum. 1564." Dieser Spruch, der auf deutsch „Das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit" lautet, begegnet uns in damaliger Zeit oft. Es war ein viel gebrauchtes Psalmenwort. Wir fanden es ja auch schon in der gleichen Kirche auf der Glocke mit der Jahreszahl 1580, wobei die Schreibweise eine Kleinigkeit abweicht. Eine zweite, gleichfalls auf den Bau der Kirche bezug nehmende Inschrift befand sich in der Sakristei. Ihr Text lautete: „Anno 1564 ist dieses Gotteshaus gebauet unter dem edlen Herren Adam Seidlitz zu Burkersdorf. Got zu lob und ehren. Amen. Venito ex ultem us domini." (Kommt, laßt uns den Herrn erheben.)

 

Eine Besonderheit einzig dastehender Art war ein auf Leinwand gemalter 21 Zeilen langer Spruch, den sich ein Pastor Simon Scriba (Schreiber), der ab 1599 Geistlicher in Rudolfswaldau war, für seinen Todesfall hatte anfertigen lassen. Die Leinwand zeigte ein Bild des greisen Simeon und die von Scriba verfaßten, etwas holprigen Verse. Auf diesem eigenartigen Schriftdenkmal sollten auch die Todesdaten Scribas vermerkt werden. Da er aber dieses Leinendokument schon zu Lebzeiten hatte anfertigen lassen, wurden diese Daten niemals eingesetzt, so daß der Nachruf folgendermaßen lautete: „Simon Scriba. Pfar. Starb Anno 16 ... seines Alters Jahr . . . des Predigtamts: ..."

 

In dem Jubelbüchlein, das der bereits genannte Pfarrer Atze im Jahre 1792 aus Anlaß des 50jährigen Kirchenjubiläums in 'Wüstegiersdorf herausgab, druckte er auch einen offenbar von Pfarrer Simon Scriba selbst verfaßten Lebenslauf ab und berichtete, daß bei dem Original die Jahresangaben von fremder Hand eingesetzt 'worden seien. Man geht wohl nicht fehl, wenn man annimmt, daß die Eintragung dieser Zahlen auf dem Leinendokument in der Kirche nicht mehr erfolgte, weil ein von Pfarrer Scriba selbst verfaßter Lebenslauf vorhanden war.

Aus diesem Lebenslauf geht hervor, daß Pfarrer Scriba trotz eines schweren und buntbewegten Lebens nicht weniger als 62 Jahre Geistlicher war, daß er 56 Ehejahre verlebt hatte und die stattliche Zahl von 23 (!) Kindern besaß.

Nachdem Rudolfswaldau im Jahre 1578 Eigentum der Herren Hoberg auf Fürstenstein geworden war, erfolgte 1592 durch den neuen Patron eine Renovation des Kirchleins. Auch das war in der Kirche festgehalten worden. Die betreffende Inschrift lautete: „Anno 1592 ist dieses Gotshaus aufgetaffelt, gebunet, gedilet und vadermauert: vnder dem edlen gestrengen Herrn Conrad Hoberg auf Fürstenstein."

An den Kirchenwänden, die gewissermaßen als Ortschronik benutzt wurden, befanden sich noch folgende Eintragungen:

„Anno 1539 großer Schnee am tag Andree." (Dieser Hinweis betraf sogar noch die Zeit vor der Errichtung des Kirchleins!) „Anno 1594 war teuerung und türkenkrieg",
„Anno 1606 den Freitag nach dem driten Sonntag Trin. gefiel Hagel, ward gros Wasser, tat erschrecklich großen Schaden",
„1600 war teurung, ein Scheffel Korn zur Schweinitz ist kauft für 6 taler, ein Scheffel hober für 6 Taler".

 

Am eindrucksvollsten war wohl die rote Inschrift hinter dem Altar. Sie lautete: „In den Jahr 1654 sind in Wüstegiersdorf, Donnerau und Rudolphswaldau den 24. März die Kerche genommen. Am Dienstag und Mmdtt Woch Vorostern."

Nach der Übergabe der Kirche an die Katholiken erstarb das kirchliche Leben in Rudolfswaldau fast völlig.

Noch vierzig Jahre später scheiterte die Absicht, einen katholischen Schulhalter einzusetzen, daran, daß in der ganzen Gemeinde nur zwei Katholiken lebten, von denen anscheinend keiner als Schulhalter geeignet war. Trotz des Nichtvorhandenseins katholischer Gläubiger erhielt die Kirche 1661 eine dritte Glocke, wie bei der Visitation vom Jahre 1667 einwandfrei bezeugt wurde. Ob di Gemeinde trotz allem die Mittel hierfür aufbrachte oder ob der Kirchenpatron das Geläut der verlassenen Kirche vervollständigte, ist nicht festzustellen. Die Kirche wurde aber teilweise weiter für Tauf-und Beerdigungszwecke benutzt, zumal die Stolgebühren bis 1759 sowieso an den zuständigen katholischen Pfarrer zu entrichten waren. <<


Quelle: Text aus "Unvergessene Waldenburger Heimat", herausgegeben vom Patenschaftsarbeitskreis Waldenburger Bergland/Dormund, Verlag Helmut Schal, Norden (Ostfriesland), 1969
Fotos: eigene, W.Leistritz, dolny-slask.org.pl