Kriegszeit: Kriegsgefangene und Häftlinge

Schon bald nach der Besetzung Frankreichs 1940 kamen die ersten franz. Kriegsgefangenen ins Dorf. Es waren so um die 30 Männer und 3 bis 4 junge Frauen. - Die Männer arbeiteten in der Firma, die Mädchen in der Näherei bei Herrn Helmut Thiel. Einige der Franzosen waren auch beim Bauern eingesetzt. Diesen Kriegsgefangenen ging es vergleichsweise gut, regelmäßig bekamen sie Care-Pakete, hatte vernünftige Kleidung und Unterkunft.

 


Französiche Kriegsgefangene beim Verlassen
des Bahnhofs in Wüstewaltersdorf


 

 

 

 

 

 

 

 

Die Frauen wohnten im Knillmann (Fleischer) Haus, die Männer waren in der oberen Weberei am Dorfende (Richtung Dorfbach) untergebracht, sofern sie nicht bei einem Bauern arbeiteten und dort wohnten. - Die Männer wurden nur leicht bewacht und konnten sich im Dorf frei bewegen. Als ich meine Tante danach fragte, meinte sie "wo sollten sie denn sonst hin". Eine Flucht wurde als sehr unwahrscheinlich angesehen, wie sollten sie von Schlesien unbehellig nach Frankreich gelangen.

Neben französischen gab es auch italienische, tschechische und polnische Kriegsgefangene wie Zeitzeugen berichten. Ein Teil von Ihnen wurde in kleinen Betrieben, auf Bauernhöfen und auch in der Bäckerei des Dorfes eingesetzt.

 

Ein große Wende in vielen Bereichen des täglichen Lebens trat ein, als 1941 der Krieg in Russland begann.

Schon Ende 1941 kamen die ersten russischen Kriegsgefangenen in das Dorf. 1942 waren es wohl an die tausend Mann. Untergebracht und auch verpflegt wurden sie der ehemaligen Spulerei der Fabrik, die zur dieser Zeit schon nicht mehr genutzt und von der OT (Organisation Todt) beschlagnahmt wurde.

 

Unklar ist, wozu sie 1942 eingesetzt wurden, zur Arbeit in der Fabrik oder schon für den Beginn der Bauarbeiten für das "Objekt Riese". Die Masse der Bauarbeiten dürfte im Jahr 1943 begonnen worden sein, einige Zeitzeugen sprechen allerdings davon, dass schon 1938 einige Teile des Gebirgsmassives umzäunt und durch SS streng bewacht wurden.

 

Genannt wurde das Gebiet um den Wolfsberg. Möglich, dass die russischen Gefangenen schon für erste Bauarbeiten eingesetzt wurden.

 

Eine Zeitzeugin berichtet, dass man vom evangelischen Friedhof aus den Hof der Fabrik gut einsehen konnte. Während des Krieges, sie erinnert sich aber nicht mehr an die genauen Jahre, kamen Transporte auf Lastwagen mit Menschen vom Bahnhof, und sie wurden im Hof gesammelt. Noch in ziviler Kleidung, Mänteln und Pelzen, wurden sie ins Fabrikgebäude gebracht. Nach einer Weile kamen sie in Häftlingskleidung aus den Gebäuden, und wurden in einem Marsch durch das Dorf auf den Wolfsberg gebracht.
Im Frühjahr und Sommer 1943 kamen weitere "Häftlinge" mit Güterzügen im Bahnhof an und wurden sofort hinter dem Bahnhof den Berg hinaufgeführt, ebenfalls Richtung Uhlen- und Wolfsberg. - Sie kamen vorrangig aus dem KZ Groß-Rosen. Zur Unterbringung wurden mehrere Lager in den umliegenden Bergen errichtet (siehe auch "Objekt Riese").

 

Über die Anzahl der eingesetzten Arbeitskräfte gibt es sehr unterschiedliche Aussagen. - Fest steht, dass eine große Anzahl Gefangene die Schrecken des Baus nicht überlebten und nicht alle Gräber bis heute gefunden sind. - Eine Zeitzeugin berichtet, dass auf dem ev. Friedhof in Wüstewaltersdorf Gefangene und Häftlinge in Massengräbern verscharrt wurden. Am Anfang noch in einfachen Holzsärgen, später in Planen eingewickelt und dann "nur noch ins Grab geworfen". Diese Gräber sind heute an einer terrassenförmigen kleinen Anlage zu erkennen, eine Gedenkstätte erinnert heute an die vielen unbekannten Toten.

Nach über 70 Jahren ist es für die nachfolgenden Generationen noch immer schwierig, sich in die Situation der Dorfbewohner hineinzuversetzen. Die Frage zu stellen, warum niemand gegen das Geschehen etwas unternommen hat, ist zu einfach und wird da damaligen Situation nicht gerecht. Hätte das Dorf wirklich etwas am Lager und die damit verbundene Situation der Häftlinge ändern können? - Hätten die Dorfbewohner mehr tun können, als den Gefangenen und Häftlingen Essen und Kleidung "zuzustecken"? -

Die Bewohner wussten, dass sie im Dorf von der Geheimen Staatspolizei in zivil überwacht wurden. Jeder einzelne, der etwas unternahm, schwebte immer in der Gefahr, selbst "ins Lager" abgeholt zu werden. Günstigstenfalls wären ihnen die Lebensmittelmarken genommen worden.