Eulengebirge - Grundsteinlegung Bismarckturm

 

>> Die Feier der Grundsteinlegung fand am 1. Juli 1905 statt. Trotz des überaus heißen Tages hatten sich zu derselben gegen 40 Herren eingefunden. Außer den Delegierten der Eulengebirgsvereine war bei der Feier der Ehrenausschuß vertreten durch Herrn Graf Dohna, Landrat des Kreises Neurode, Herrn Oberförster Voß, als Vertreter der Grundherrschaft Graf von Seidlitz-Sandreczki auf Langenbielau und der Hauptvorstand des Glatzer Gebirgsverein durch Herrn Justizrat Burczek und Landgerichtsrat Ulke.
Nach dem einleitenden Männerchor, "O Täler weit, o Höhen", gesungen von der Lehrerschaft der Umgegend unter Leitung des Herrn Kantors Rückers = Steinkunzendorf, ergriff der Vorsitzende des Verbandes der Gebirgsvereine an der Eule, Kreisschulinspektor Schulrat Tamm (1)= Reichenbach, das Wort, um zunächst die Erschienenen im Namen des Verbandes und des Bauausschusses herzlich zu begrüßen und im weiteren einen Überblick auf die Entstehungsgeschichte des "Bismarckturmes" zu geben. Daran anschließend brachte er die Urkunde zur Verlesung.


Bismarckturm auf der Hohen Eule (1014 m ü. d. M. - Höhe des Turmes 25 m)
Im Anschluß an die Weihrede wurde die Nationalhymne angestimmt, woran sich nachstehendes allgemeines Lied schloß, das von Herrn Oberlehrer G. Bülow = Schweidnitz zur Feier gedichtet war:

 

Tausend Meter überm Meere
Ragst du auf zum Himmelszelt,
und es schweift mein Blick hernieder
Auf ein herrlich Fleckchen Welt,
Mir zu Füßen ausgebreitet
Dehnt sich Schlesiens bester Gau;
Reiche Fluren, Dörfer, Städte
Ich mit trunk'nem Auge schau'! -
Unsres größten Kanzlers Name
Schmückt und ehrt dich, Eulenturm;
Denn wie jener mußt du trotzen
Bösem Wetter, wildem Sturm.
Und wie weit du überragest
Alles, alles um dich her,
Stehet Bismarck uns vor'm Geiste
AIs ein Recke hoch und hehr! -
Als ein Sinnbild deutschen Wesens
Rage lange stolz und frei,
Turm, empor, den Enkeln kündend,
Bismarcks Namen stets aufs neu!
Alle, welche dich besteigen,
Sollen echte Deutsche sein
Und mit Freuden, Gut und Leben Unserm Vaterlande weih'n! -

 

Zum Grundstein wurde der Grund- und Eckstein des alten Eulenturmes verwandt. Demselben wurden in kupferner Büchse, die in der Werkstatt der Firma Websky, Hartmann & Wiesen in Wüstewaltersdorf hergestellt war, eingefügt.

 

1.) Die Urkunde, lautend:
Unter der gesegneten Regierung Seiner Majestät des deutschen Kaisers und Königs von Preußen Wilhelm II. wird heute der Grundstein eingefügt in den Bau des Bismarckturmes auf der Hohen Eule, der an der Stelle errichtet wird, den auf Ersuchen des Verbandes der Gebirgsvereine an der Eule der Majoratsherr Graf von Seidlitz-Sandreczki auf Langenbielau zu diesem Zwecke ausgewählt und überlassen hat.
Der Turm ist ein Ersatz für den hölzernen Aussichtsturm auf dem nahe gelegenen Gräflich Magnis'schen Gebiet, der am 18. Juli 1886 feierlich eröffnet, im Herbste vorigen Jahres wegen Baufälligkeit abgebrochen wurde, nachdem er den Erwartungen seiner Gründer vollauf entsprochen und vielen Tausenden von begeisterten Freunden der Natur einen prächtigen Rundblick über die umgebenden Berge und Täler hin nach den viele Meilen weit entfernten blühenden Städten und freundlichen, gewerbereichen Dörfern gewährt hatte. Drei Meter höher gelegen als dieser, wird der neue Turm die Aussicht noch erweitern und verschönern. Möge euch er die Brust jedes Deutschen mit Stolz und Hochgefühl für die schlesischen Berge und das deutsche Vaterland erfüllen, gleichzeitig aber weithin den Bewohnern Schlesiens und der Grafschaft sichtbar, ein Zeugnis ablegen von der unauslöschlichen Dankbarkeit und Verehrung der Umwohner für den Begründer des deutschen Reiches, den Fürsten Bismarck, dessen Namen er tragen soll.


Die Vorstände der Gebirgsvereine an der Eule:
Frankenstein - Dr. Müller.
Nimptsch - Spinke.
Langenbielau - Felsmann.
Reichenbach - Tamm.
Peilau-Gnadenfrei - Schippke.
Peterswaldau - Alter.
Silberberg - Roeder.
Schweidnitz - Guttmann.
Wüstewaltersdorf - Wiesen.
Die Mitglieder des Ehrenausschusses:
Graf Dohna, Wiesen, Lindemann, Tamm.
Hohe Eule, den 1. Juli 1905.

 

2.) Zwei Jahresberichte des Verbandes der Gebirgsvereine an der Eule.

3.) Ein Verhandlungsbericht über den am 18. Juni v. Js. in Wüstewaltersdorf stattgehabten Verbandstag der Gebirgsvereine an der Eule.

4.) Ein Führer durch das Eulengebirge von Professor Lehmann.

5.) Ein Verzeichnis der zum Verbande Deutscher Touristenvereine angehörigen Vereine.

6.) Eine Abschrift der im alten Grundstein vorgefundenen Papiere.

7.) Ein Verbandsabzeichen.

8.) Verschiedene Ansichtskarten (u. a. das Kronprinzenpaar).

9.) Zwei Münzen aus dem Jahre 1905.

10.) Zwei Nummern des Wüstewaltersdorfer Eulengebirgsboten, die Tagesnummer der "Schlesischen Zeitung", des "Schlesischen Volksboten" und dessen Unterhaltungsbeilage: "Der Eulengebirgsfreund"; die Tagesnummer des "Reichenbacher Tageblattes".

 

Bei der Einmauerung der Büchse wurden von den Vertretern der verschiedenen Vereine die üblichen drei Hammerschläge mit demselben Hammer ausgeführt, der s. Zt. bei der Grundsteinlegung des alten Eulenturmes demselben Zwecke gedient hatte.

 

Als erster tat dies Herr Schulrat Tamm mit den Worten:

Zur Ehre des Allerhöchsten Baumeisters unserer Berge. - Zum Gedächtnis des Gründers des neuen deutschen Reiches. - Zur Freude aller, die für die schöne Gottesnatur ein offenes Herz sich bewahrt haben. Graf Dohna als nächster führte das Bismarckwort an: Wir Deutschen fürchten Gott, sonst nichts auf der Welt.

Herr Wiesen sprach: Im deutschen Land - von deutschem Geist - von deutscher Hand. Herr Baumeister Lindemann = Langenbielau: Baue mich fest in Stein, Eisen, Zement - dann stehe ich bis an der Welten End'! Herr Oberförster Voß = Langenbielau: Fest gegründet auf deutschem Boden, umrauscht von den Tannen des deutschen Waldes, umwoben von Schlesiens Sagen, umringt von den Stätten ruhmvoller preußischer Geschichte - wachse empor, du Bismarckturm, zur Freude vieler Tausender: Gott schütze Dich! -

Herr Amtsrichter Thümmel = Reichenbach: Stolzer, starker, steinerner Turm, trotze wie Bismarck Wetter und Sturm. -

Herr Lehrer Gottwald als Vertreter des Männerturnvereins Reichenbach: Mögen allezeit Deutschlands Turner in deutscher Treue zu Bismarck und seinem Lebenswerk stehen. Das walte Gott! -

Herr Hauptlehrer Schippke = Peilau: Mit Gott für Kaiser und Reich! -

Herr Justizrat Burczek = Glatz als Vertreter der Glatzer Gebirgsvereine: Deutschland, Deutschland, über alles, über alles in der Welt! -

Ein zweiter Männer-Chor "Deutschlands Kaiser" von Mendelssohn endete in würdigster Weise die Feier, die zeitweilig von Böllerschüssen begleitet war."<<

 

Quelle: In der Festausgabe "Der Eulengebirgsfreund" Unterhaltungsbeilage des "Schles. Volksboten" (Reichenbacher Stadtblatt), Reichenbach in Schles., Donnerstag, den 24. Mai 1906,

veröffentlicht im Wüstewaltersdorfer Heimatboten, Ausgabe Weihnachten 1996

(1) Eintrag im polnischen Wikipedia zu Richard Tamm