Dorfleben:
Das Leben im Dorf - Die evangelische Kirche
>>1548 wurde eine Holzkirche in Wüstewaltersdorf erbaut. Im Jahre 1564 erhielt sie drei neue Glocken. Am 24.3.1654 wurden alle ev. Kirchen des Landes eingezogen und den Katholiken übergeben<< (festgelegt im "Friedensvertrag von Münster", Beendigung des 30-jährigen Krieges). Die protestantische Bevölkerung wurde auf die Friedenskirche in Schweidnitz verwiesen. Die evangelischen Gemeinden wurden durch sogenannte "Buschprediger" betreut.
Dieses Bild zeigt die Renovierungs-
arbeiten an der ev. Kirche.
1802 wurde das Kirchendach
ausgebessert, nachdem 1801 der
Kirchturm neu mit Blech gedeckt
und grün angestrichen wurde.
Pfaffenstein im Grund war so ein Platz. 1741 wurde in Wüstewaltersdorf der Wunsch laut, das verlorene Gotteshaus wiederzubekommen, das 1548 wohl von Protestanten erbaut, aber 1654 den Katholiken übergeben wurde. Dieser Bitte wurde, zur Enttäuschung der Bevölkerung, nicht entsprochen. Heinrich Wilhelm von Zedlitz besprach sich mit den Vertretern seiner vier Dörfer, ,,Ob sie ein Bethaus verlangen, aufbauen und unterhalten wollten". Die Frage fand deren Zustimmung. Daraufhin richtete der Grundherr eine entsprechende Bitte um Genehmigung zur Einrichtung einer ev. Kirchengemeinde, Bau eines Bethauses und Eröffnung einer ev. Schule in Wüstewaltersdorf, an den König von Preussen.
Am 30. Nov. 1741 traf folgende Antwort ein:
"Demnach seine königliche Majestät in Preußen, mit
Wiedereinräumung der Kirche in Wüstewaltersdorf, jetzo nicht
willfahren können. - So wird der Herrschaft und Gemeinde daselbst
freigestellt, ob sie ohne Nachteil des kath. Pfarrers, einen Evangelischen
unterhalten und einen bequemen Ort zur Haltung eines ev. Gottesdienstes
erwählen wollten".
Schon am 3. Dezember hielt Pastor Sigismund Heinrich Selbstherr aus Rosenbach, den ersten evangelischen Gottesdienst noch unter freiem Himmel ab. Am 18. Dez. 1741 wurde der Prediger Jeremias Scholtz als erster Pastor in Wüstewaltersdorf berufen und am 12 6. 1742 feierlich in sein Amt eingeführt. Am 6. Dezember 1741 wurde mit dem Bau einer Interimskirche begonnen und am Weihnachtsfest konnte es eingeweiht werden.
Am 14. Mai 1748 wurde der Grundstein zum Bau einer neuen massiven Kirche in Wüstewaltersdorf gelegt. Der Acker, auf dem der Grundstein der ev. Kirche von Wüstewaltersdorf im Jahre 1748 gelegt wurde, war ein Stück Feld und Wiese des Nachbargutes, fast unmittelbar am Fuße der Hohen Eule. Die Witwe Kramer war dessen Besitzerin.
Sie schenkte das Grundstück der Kirchengemeinde und knüpfte daran nur die Bedingung, daß sie und ihre Nachkommen jederzeit einen freien Kirchplatz in der neuen Kirche besitzen sollten. Der Bauherr war H.W. von Zedlitz, geb. 1711. Der Baumeister hieß Scholtz und stammte aus Löwenberg. Des gleichen Namens war auch der schon 1741 eingeführte erste Pastor von Wüstewaltersdorf, Jeremias Scholtz, aus Deutmannsdorf, Kreis Löwenberg, "ein Mann von großer Friedfertigkeit, Gottesfurcht und Sanftmut".
Im Jahre 1748 wurde der Bau begonnen mit einer feierlichen Grundlegung am 14. Mai, noch in demselben Jahre wurden die Hälfte der Mauern und ein Teil des Turmes ausgeführt. 1751 waren die Mauern fertig, das Dach gedeckt und dann die Innenarbeit vollzogen. Man fertigte die beiden Emporen an, die hinter dem Altar über der Sakristei herumgeführt wurden, von der Orgel ausgehend. Der Wüstewaltersdorfer Tischler Klemmt baute Altar, Kanzel und das reich geschmückte Orgelgestühl. Vermutlich stammen auch alle die kunstvollen Ornamente und Schnitzereien in den Feldern der Emporen, die anbetenden Engel, die Gestalten der Apostel und Propheten zu Seiten des Altars und der Taufengel von der kunstfertigen Hand desselben Meisters, der seine Insignien an der Rückseite des Altars anbrachte. Aus dem kurz zuvor entstandenen interimistischen Holzkirchlein im Schloßgarten hatte man die von Scheidhauer erbaute Orgel herübergeholt. (1)<<
"Kurze, doch zulängliche Nachrichten von dem Bethause zu Wüstewaltersdorf,
was dessen Erlangung, Aufbauung und andere Umstände betrifft"
hat der erste evangelische Pfarrer zu Wüstewaltersdorf, Jeremias
Scholz, sehr anschaulich und ausführlich im Kirchenbuch vermerkt, hier nachzulesen (2).
Welche Gebühren für kirchliche Amtshandlungen um 1750 erhoben wurden, kann hier nachgelesen werden.
Eine Besonderheit in der Kirche war, dass es kein Taufbecken gab sondern einen Taufengel, der mit beiden Händen eine Schale hält. Für Taufen wurde er von der Decke herabgelassen und Schale mit Wasser gefüllt. Taufengel waren im 17. und 18. Jahrhundert vor allem in Deutschland, Dänemark und Schweden in lutherischen Kirchen gebräuchlich und hingen vertikal schwebend von der Decke des Chors herab (siehe Wikipedia und Geschichte der Taufengel).
>>1766 wurden drei Glocken angeschafft, deren größte bis 1921
erhalten blieb. 1791 wurde die Orgel durch eine neue ersetzt. Später
dann erhielt der Altar das von Heinacher gemalte, "von Wohltätern"
gestiftete Altarbild, Jesus in Emmaus darstellend, als er das Brot brach:
"Da wurden ihnen die Augen geöffnet, und sie erkannten ihn".
Am 4. August 1751 wurde in feierlichem Gottesdienst die Kirche von Wüstewaltersdorf
eingeweiht. Ein Chronist schreibt: "Die Feier war auf dem Lande und
im Gebirge ohne Zweifel eine der merkwürdigsten, wovon die Kinder
von ihren Vätern noch werden Erzählungen und Nachrichten hören".
Die Wüstewaltersdorfer Evangelischen hatten ihre Hilfe und Mitwirkung
in Hand- und Spanndiensten und jeder nur notwendigen Mitarbeit beim Bau
der Kirche freudig eingesetzt. Hatte doch die Gemeinde im März 1654
das erste, schon 1548 erbaute Kirchlein verloren, ihren Prediger hingeben
müssen, wie auch alle Prediger rings im Lande und im Gebirge verjagt
waren. Schließlich war ihnen der Besuch der Kirche in Schweidnitz
gestattet worden. Durch den weiten Weg dahin geschah es oft, daß
sie ihre Kinder zur Taufe wohl lebend hinbrachten, doch nicht mehr lebend
zurück. Darum ist in der ev. Gemeinde Wüstewaltersdorf der erste
Sonntag im August als Erinnerungstag an die Kirchweih 1751 immer und bis
zuletzt als ein großer Festtag gefeiert worden. Die in der Heimatkirche
Getauften kamen von weither, um teilzunehmen....(1) <<
Im Jahre 1917 mußten die Glocken der ev. Kirche, außer der großen von 1766, abgeliefert werden. 1921 wurden der ev. Kirche neue Glocken aufgezogen. Daran beteiligten sich Zimmerpolier Ertel, die Stellmachermeister Schreier und Finger und Tischlermeister Leuchtmann. Zur Wüstewaltersdorfer Glockenweihe am Sonntag, dem 11. September 1921 liegt folgender Bericht vor.
Etwa im Jahre 1930 zählte die ev. Kirchengemeinde Wüstewaltersdorf 5687 Gemeindeglieder.
Der erste Pastor der ev. Kirche, Jeremias Scholtz, starb am 11.4.1762. Vom 27.2.1763 war Johann Friedrich Feige bis 1796 Pastor in Wüstewaltersdorf. Am 6.3.1797 wurde Pastor Carl August Papritz in Wüstewaltersdorf feierlich eingeführt und verstarb im Jahre 1841. Am 12. September 1842 wurde Carl Heinrich Eduard Reimahn Pastor und starb im Jahre 1877 Sein Nachfolger wurde Pastor Hugo Baesler von 1877 - 1888. Sein Nachfolger wurde Pastor Carl Lobmeyer von 1888 -Februar 1908. Von 1908 - 1915 hatte Pastor Lehmann die 1. Pfarrstelle an der Kirche. Um diese Zeit wird Pastor Schuldig in 2. Pfarrstelle bis 1914 genannt. Nach Pastor Lehmann bekam Pastor Eberlein diel. Pfarrstelle in Wüstewaltersdorf bis 1930. In die 2. Pfarrstelle kam nach Pastor Schuldig von 1914 -1924 Pastor Schulz. 1924 erhielt Herr Pastor Lilge die 2. Pfarrstelle bis zur Vertreibung. 1930 übernahm Pastor Eberhard Schmidt-Casdorff die 1. Pfarrstelle bis zur Vertreibung im Jahre 1946.
Nach der Vertreibung der Pastoren Schmidt-Casdorff und Lilge übernahm Herr Otto Wenke die Gottesdienste. Als erste Nachricht aus der Heimat berichtet Herr Otto Wenke, daß zum Kirchweihfest am 1. August 1948 die Restgemeinde, 50 Teilnehmer, sich zur Feier einfanden, unter ihnen auch kath. Mütter und Kinder.
Bericht vom
200. Kirchweihfest, am Sonntag, den 5. August 1951 von Herrn Otto Wenke.
Die evangelische Kirche ging nach Aussiedlung der letzten deutschen Familien 1958 an die polnische katholische Kirchengemeinde in Wüstewaltersdorf über. -
Seitdem wurden im Inneren verschiedene bauliche Massnahmen durchgeführt: die Emporen hinter dem Altar wurden komplett abgebaut, die Kanzel vom Altar an die linke Wand versetzt, das Altarbild ausgetauscht und der Taufengel abgehängt. Auch wurde der weiss-goldene Anstrich im Inneren durch "rosa-gelb" ersetzt. - Trotz der Veränderungen, die vielen ehemaligen Dorfbewohnern ein Wiedererkennen ihrer Kirche schwer machen, blieb dieser Kirche das Schicksal vieler anderer evangelischen Kirchen in Schlesien erspart, sie wurde nicht dem Verfall preisgegeben. - Mit Unterstützung der ehemaligen Dorfbewohnern wurde in den 90er Jahren die Kirchenorgel restauriert.
Am 4. August 2001 wurde das 250. Kirchweihfest mit einem evangelischem Gottesdienst gefeiert und die restaurierte Orgel eingeweiht. Der Gottesdienste wurde, neben vielen aus Deutschland angereisten Schlesiern, in großer Zahl auch von Polen besucht. - Am Vorabend gab es einen Auftritt der Turmbläser und es läuteten die Glocken eine Viertelstunde, wie zuvor das letzte Mal vor 50 Jahren.
Quellen: (1) aus der Chronik des Wüstewaltersdorfer Heimatboten, das "Das alte Wüstewaltersdorf" von R. Gottwald, Wüstewaltersdorfer Heimatbote und eigene Informationen.
(2)
Der Bericht von Pfarrer Jeremias
Scholz wurde mir von W. Leistritz zu Verfügung gestellt. W. Leistritz hat Photos der alten Kirchenbuchseiten erstellt und den Bericht von Sytherlin in lateinische Schrift umgesetzt.
Anmerkung: (3) das Altarbild wurde nach 1945 abgehängt und verstaubte lange auf dem Dachboden. Irgendwann nach 2000 wurde es in Warschau bei einem Antiquitätenhändler verkauft.