Das Leben im Dorf - Tourismus

Anfang 1900 lebte Feodor Boer in Wüstewaltersdorf, er war damals Kurator des Waisenhauses.
Von ihm weiss man zu berichten, daß er ein alter Junggeselle war und sich ganz nach altem Stil kleidete. Er trug immer einen Stresemann und von weitem zog er seine schwarze Bombe zum Gruß. Feodor Boer paßte auch genau auf die jungen Männer auf. 3 Schritte vorher und 3 Schritte nachher mußten vor ihm die Mützen gezogen werden. -
Zu dieser Zeit gab es einen Jugend-Club in Wüstewaltersdorf, wo die Söhne der einflussreichen Familien Mitglieder waren. Einmal hat Feodor Boer alle zu sich eingeladen und u. a. auch erzählt, daß in Wüstewaltersdorf eine heilkräftige Quelle existiere. Er kannte diese Quelle, hat aber sein Wissen mit ins Grab genommen. Er soll gesagt haben, er will es nicht, daß so viele Fremde nach Wüstewaltersdorf kommen.

So wurden die ersten Änfänge von Tourismus für Wüstewaltersdorf zwar verzögert, aber nicht verhindert. In den folgenden Jahren entwickelte sich Wüstewaltersdorf immer mehr als "Sommerfrische" für Wanderer ins Eulengebirge und als "Skiparadies". Im Winter wurden Sonntags sogar Sonderzüge für die Skifahrer aus Breslau eingesetzt.

 

Ein 1937 vom Verkehrsverein Wüstewaltersdorf herausgegebenes Prospekt (1) beschreibt den Ort und seine Umgebung, ganz im Schreibstil der damaligen Zeit, folgender massen:

 

 

 

 

 

 

 

 

"Wüstewaltersdorf - Wanderziel, Sommerfrische, Wintersportplatz

Im Gebiet der Hohen Eule zu wandern, in seinen stillen Tälern zu weilen, von seinen hohen Wipfeln weit hinaus ins Land zu schauen und den tiefen geheimnisvollen Reiz der abwechslungsreichen Landschaft auf sich wirken zu lassen, ist eine Wonne aller Heimatwanderer, und wenn sie auf stillen Pfaden aus dem Bergrevier in die Ebene oder zu den Stätten der Arbeit hinabsteigen, dann geht das Rauschen der grünen Wälder, das Leuchten der Berge, das Runen von Quelle und Bach noch lange mit ihnen.


Günstige Bahnverbindungen auf der direkten Bahnlinie Breslau - Schweidnitz - Hausdorf und von da ab mit der Bergbahn nach Wüstewaltersdorf ermöglichen eine schnelle und bequeme Zufahrt zum Gebirge. Alljährlich ist der Strom der Erholungssuchenden und Wanderlustigen, die es nach der Hohen Eule zieht, in ständigem Wachstum begriffen.

Die Hohe Eule ist heute dem Verkehr erschlossen. Der Eulengebirgsverein hat ein weitverzweigtes Wegenetz geschaffen, und eine mustergültige Wegemarkierung führt zu aller Bergschönheit.
Vorzügliche Bergstrassen machen auch dem Kraftfahrer eine Bergfahrt über die Pässe zu einem ungetrübten Genuss. Die Bauden und Gaststätten auf der hohen Eule und in ihren Tälern haben sich als Wanderheime und Sommerfrischen der neuen Zeit angepasst. Die Jugendherberge auf der Hohen Eule bietet den Jugendwanderern Rast und Erholung.
Die neue Zeit mit ihrem Wanderverkehr hat dem Eulenrevier nichts von seinem eigentlichem Wesen nehmen können. Das hat das Gebiet der Hohen Eule voraus und macht es in der Hetzjagd unseres Lebens besonders zur Wanderung und Sommerfrische geeignet: In der Breite und Tiefe, in den Tälern und Gründen verlieren sich die vielen Wege. Die Hohe Eule ist ein stiller Berg geblieben.

Die Hohe Eule mit Bismarckturm, von dem sich über Berge und Wäldermeer ein Ausblick in herzberückender Schönheit eröffnet.

Die Hohe Eule mit der Neumannskoppe, um die noch Habichte und Sperber ihre weiten Kreise ziehen so zahlreich wie nirgends im Eulenland.

Die Hohe Eule mit Euledörfel, diesem typischen Gebirgsdorf der Weber und Holzschläger, dem mit seinem verstreuten Berghütten an Steilhang und Wiesenplan bis heute seine Eigenart und Schönheit, auch als Wochenendkolonie, erhalten blieb.

Die Hohe Eule mit dem Bremen- und Eulengrund, den walddämmenden Tälern, die sich wie Tore zu den Wundern der Berge öffnen.

Die Hohe Eule mit dem Kanonenweg, wo alte Schützengräben und Feldstellungen noch von Friedrich des Grossen Heldenkampf um Schlesien künden.

Die Hohe Eule mit Spitzberg und Hohem Hahn, die weit und breit nicht wieder eine so schöne und reichgestaltete Fernsicht in das Waldenburger Bergland, zum Zobten und bis hin zum Riesengebirge finden lassen.

Die Hohe Eule mit dem Mühlbachtal, diesem paradiesischen Engtal, wo es unendliche Steige zu finden, so freundliche Stätten der Rast, so manches weitbekannte Ziel, so manche selige Einsamkeit zu erwandern gilt.

Die Hohe Eule mit dem Hexenstein, der als Naturschutzpark und Vorstufe zur Eule schon alle Schönheit der Bergwelt offenbart.

Die Hohe Eule mit dem Wolfs- und Saalberg, wo noch der Birkhahn balzt, die Wildtaube lacht, der Kuckuck ruft und der Bärlapp grüne Teppiche legt.

Die hohe Eule mit Wüstewaltersdorf als Eingangstor. Sechs Jahrhunderte Geschichte sind an dem deutschen Siedlungsdorf vorübergegangen. Im historischen Winkel mit der 500-jährigen Dorflinde werden die Jahrhunderte wach und wecken Bilder und Gestalten vergangener Tage.
Wer gern dem Raunen der Sage lauscht, wer gern den Spuren der Geschichte und altem Volkstum nachgeht, wen ein Blick in eine vielgestaltige Bergwelt entzückt, wem der deutsche Wald und seine Tiere noch etwas zu sagen haben, der ist im Gebiet der hohen Eule gut aufgehoben.

Aber nicht nur die Hohe Eule im grünen Kranz ihrer Wälder und mit ihre freien Blicken in das weite Land ist bekannt, auch
die Hohe Eule im Schnee
ist als vorzügliches Wintersportgebiet entdeckt worden.

 

Die Hohe Eule, 1014 Meter hoch ansteigend, bietet herrliche Abfahrten, auf bequemen Pfaden die freien Hänge hinab oder in beseligender Fahrt in die tiefgefurchten Schluchten. Dem Skifahrer ist es aber auch möglich, auf heimlichen Wegen in alle Winkel und Gründe zu kriechen und auf idealen Skiwiesen, hinter Wäldern versteckt, zu üben. Bei Sturm bietet der Wald Schutz, und Gleitfahrten führen dann in das Zauberreich des verschneiten Forstes, so dass dem Skifahrer Fichtengrün und Winterglanz zum seligen Erlebnis werden.

Wüstewaltersdorf, früher nur der bekannte Weberort und für seine Heimatforscher die Stätte reicher geschichtlicher Erinnerungen, hat sich als Verkehrsmittelpunkt und Endstation der Bergbahn zu einem bedeutenden Wintersportplatz entwickelt. Die Wintersonntage sind Großsporttage an der Hohen Eule.

Die Bauden, Gaststätten und Kaffeehäuser bieten zum Sonntag für das Wochenende und für lange Zeit angenehmsten Aufenthalt bei bester Verpflegung und billigsten Preisen.

 

Die Wintersportzüge bringen die Sportler von Breslau über Schweidnitz ohne Umsteigen in 2 Std. bis nach Wüstewaltersdorf, mitten in das Wintersportgebiet.
Die größte Veranstaltung an der Hohen Eule ist der Internationale Eule-Sprunglauf auf der Eulenschanze, der alljährlich vor mehr als 10 000 Zuschauern stattfindet.

 

Alle, die abseits des großen Verkehrs in das Schweigen des Winterwaldes und die Einsamkeit der Berge ihre Skispur ziehen wollen, wählen die stilleren Reviere um den Wolfsberg mit Jauernig, um den Spitzberg mit Friedersdorf, um den Hohen Hahn mit Heinrichsau, um den Hexenstein mit Hausdorf und Mühlbachtal. Mannigfach sind auch die Weg auf der Hohen Eule selbst, auf denen man bald allem Sonntagsverkehr entrückt ist."

 

Hier ist das Prospekt im Original zu lesen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sprungfest an der Euleschanze der Auslauf diente im Sommer als Sportplatz für die Schule

mehr über die Euleschanze

 

 


1929: Ernst Leupold auf der Eulensschanze

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ernst Leupold war bekannter Winterssportler und kam aus Wüstewaltersdorf.

Mehr über ihn

 

 

 

 

 

 

 

Quellen: (1) Propekt Wüstewaltersdorf, Herausgeber: Verkehrsverein Wüstewaltersdorf im Eulengebirge, 1937
Fernruf: Gemeindeverwaltung Wüstewaltersdorf 123, Auflage 10 000 - Druck: Buckdruckerei Breslauer Neueste Nachrichten

Wüstewaltersdorfer Heimatbote, Bilder eigene